Wo es Werbegelder gibt, da ist der Facebook Konzern nicht weit.
In den letzten Jahren sind diverse Anbieter auf den Markt gekommen, die Lösungen bei der Suche, dem Management sowie dem Reporting bei Influencer-Kooperationen bieten. Während einige Tools sich auf eine Vielzahl an Filter-Möglichkeiten zur Selektion von Influencern spezialisiert haben, bieten andere auch das komplette Kampagnenmanagement inklusive anschliessendem Reporting an.
In der Programmierung einer solch ausgeklügelten Software stecken oft Millionen an Investorengeldern. Denn mit jedem Update, das Instagram durchführt, gehen wichtige Schnittstellen verloren und es muss wieder neu programmiert und gerechnet werden.
Dennoch ist der Influencer-Software-Markt ein Haifischbecken, den viele Investoren wittern das grosse Geld. Schliesslich scheint die Geschäftsidee alle Trigger zu bedienen: Das Thema ist heiss, skalierbar und integriert Artificial Intelligence und Blockchain in den Prozess.
Doch die Anbieter treten nicht nur gegeneinander an, sie befinden sich auch in einem Wettlauf gegen Instagram selbst. Denn Influencer-Marketing ist längst ein Milliardenbusiness – und da war es nur eine Frage der Zeit, bis sich der Facebook-Konzern diesen Markt zu eigen macht.
So gibt es seit Längerem Gerüchte darüber, dass Facebook an einem eigenen Influencer-Tool arbeitet. Diese Neuigkeiten dürften für Branchenkenner keine Überraschung sein, doch zerschlägt es den Exit-Plan so mancher Start-ups, die gehofft hatten bis dahin attraktiv genug zu sein, um von Facebook gekauft, statt zerstört zu werden.
Mit einem kleinen Pressefrühstück diese Woche, kündigte Instagram an, dass die Branded Content Funktion bald allen Nutzern zugänglich gemacht werden soll. Des Weiteren liess Instagram verlauten, dass Brands die Beiträge, in denen sie als Partner markiert wurden zukünftig direkt als Ad schalten können. Was im ersten Moment wie eine unscheinbare Funktionserweiterung wirkt, bedeutet aber für hunderte Anbieter weltweit das aus. Doch der Reihe nach.
Der erste Streich: Der Branded Content Manager
Lange wurde Instagram und Influencern zugleich die mangelnde Transparenz bei Werbebeiträgen vorgeworfen. Als Antwort darauf lancierte Instagram 2017 den Branded Content Manager.
Bislang hält sich Instagram bedeckt, welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit sich ein Influencer für diese Funktion qualifiziert. Weder die Grösse des Accounts noch der Standort scheinen ausschlaggebend zu sein. Die Funktion hat sich deshalb noch nicht als Standard durchgesetzt und damit wenig Beachtung erhalten.
Indem sich aber gemäss Instagram in Zukunft (leider gibt es noch keine genaueren Angaben zum Rollout) jeder Influencer dafür qualifizieren kann, wird die Werbekennzeichnung sowie die Auswertung der Posts und Storys (!) mit dem Go-Live direkt über Facebook abgedeckt werden können.
Denn markiert ein Influencer ein Unternehmen als Partner im Post oder in der Story*, so sieht der Brand direkt in seinen Facebook-Insights (unter Branded Content) Reichweite, Engagement, Linkklicks und vieles mehr.
Durch diese Integration entfallen Reportingtools von Drittanbietern. Diese mussten bisher mit komplexen Hochrechnungen die Zahlen errechnen, da Angaben wie beispielsweise die effektive Reichweite von Instagram nicht mit Drittanbietern geteilt wurden.
Die neue Funktion bietet nicht nur akkurate Zahlen (Hochrechnungen sind immer fehleranfällig), sie ist auch noch kostenlos und die Daten befinden alle übersichtlich an einem Ort.
*Brands können die Funktion einschränken, so dass sie die Markierung erst freigeben müssen, bevor diese beim Influencer angezeigt wird. Hier geht es zur Anleitung.
Der zweite Streich: Branded Content Ads
Wie am Dienstag angekündigt wurde, soll es Brands in Zukunft möglich sein diese Beiträge über den Facebook Ads Manager gleich selbst mit Budget zu pushen. Denn alle Beiträge, die mit dem Brand markiert wurden, werden dort direkt angezeigt.
Gerade in der Schweiz, wo viele Brands damit zu kämpfen haben, dass Influencer Follower im Ausland ansprechen, kann der Beitrag des Influencer so mit ein bisschen extra Budget exakt der gewünschten Zielgruppe ausgespielt werden – ganz ohne Streuverlust.
Der dritte Streich: Der Brand Collabs Manager
Doch Instagram geht noch einen Schritt weiter: Der Brand Collabs Manager. Dieser befindet sich noch in der Beta-Version und wird von ausgewählten Kunden gemeinsam mit Instagram getestet.
Auf der Hilfeseite von Facebook findet man aber bereits erste Informationen dazu. Dort heisst es:
Der Brand Collabs Manager ist ein Marketplace, der es Marken und Creators ermöglicht, einander zu finden, sich kennenzulernen und zu verbinden (…)
Der Brand Collabs Manager ermöglicht es den Unternehmen erst die eigene Zielgruppe zu hinterlegen (gleich wie beim Ads Manager), um dann einen Zielgruppenabgleich zu starten. Dabei wird der Anteil der Zielgruppe eines Creators anzeigt, der mit der Zielgruppe des Unternehmers übereinstimmt.
Nachdem man den Zielgruppenabgleich erfolgreich abgeschlossen hat, kann man über das Tool die Influencer direkt auswählen, weitere Influencer mit ähnlichem Profil vorschlagen lassen und aufrufen, welche Influencer bereits der eigenen Marke folgen und diese dann bequem per E-Mail anschreiben.
Diese Funktion war bisher nur mit Softwarelösungen von Drittanbietern möglich, bei denen die Preise zwischen CHF 600.- bis CHF 1700.- pro Monat liegen (!). Facebook bietet dies mit dem Brand Collabs Manager (voraussichtlich) kostenlos an.
Indem Facebook nicht nur über die Follower-Daten, sondern auch über die Kontaktdaten der Influencer verfügt, entfällt das manuelle Zusammensuchen der Kontaktadressen sämtlicher Influencer.
Warum der Kampf bereits vorbei ist
Facebook sammelt seit über 10 Jahren sämtliche Daten ihrer Nutzer. Mit dem Aufkommen des Influencer-Marketings haben diese Daten erneut an Wert gewonnen. Alles was Facebook machen muss, ist diese grafisch aufbereitet und, wo gesetzlich nötig, anonymisiert den Unternehmen zur Verfügung zu stellen.
Kontaktadressen, demographische Daten, Interessen das Verhaltensmustern der Nutzer - alles ist bereits da. Per Mausklick lassen sich diese Daten nicht mehr nur im Ad Manger einstellen, sondern direkt mit der Community der Influencer abgleichen und «matchen». Eine Art Tinder für Influencer und Unternehmen.
Drittanbieter-Software ist nicht nur komplett abhängig von den Schnittstellen, die Facebook ihnen zur Verfügung stellt (oder wie im Fall von DeepSocial eben nicht mehr), sie hinken auch Jahre hinterher im Sammeln von Daten.
Die Ankündigung, dass Branded Content Programm für alle zu öffnen, und die Lancierung des Brands Collabs Mangers ist nicht als Kriegserklärung an die Tools, sondern vielmehr als Kondolenzkarte an ihre Investoren zu verstehen. Denn dies ist ein Kampf, der mit dem Sammeln von Daten bereits vor Jahren zu Gunsten von Facebook entschieden wurde.
Quellen
https://business.instagram.com/a/brandedcontentexpansion?locale=de_DE
https://help.instagram.com/116947042301556/?helpref=hc_fnav&bc[0]=Instagram-Hilfe&bc[1]=Instagram%20f%C3%BCr%20Unternehmen
https://www.facebook.com/business/help/1225872907555801
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