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Tanja Herrmann

11 Dinge, die du gegen einen Shitstorm machen kannst



In unserem Beitrag: Unternehmen versus Shitstorm – Vier Reaktionen und ihre Risiken, haben wir uns bekannte Beispiele aus der Schweiz und dem Ausland angeschaut. Wie sind die Shitstorms entstanden und wie haben die Unternehmen darauf reagiert.


In diesem Beitrag gehen detailliert auf die Massnahmen ein, die man ergreifen kann, wenn man mitten in einem Shitstorm steckt. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so wirkt, es gibt doch einiges, was man vor, während und nach einem Shitstorm tun kann.



Was kann man vor einem Shitstorm tun


Monitoring der Social Media Kanäle

Durch ein gutes Monitoring der Social-Media-Kanäle (jemand kümmert sich täglich darum) und einer proaktiven Kundenbetreuung können Missstände oder Kritik schon in einem frühen Stadium erkannt und aufgefangen werden. Aber Achtung: man sollte auch nicht jede härtere Kritik als Anfang eines Shitstorms interpretieren.

Schnelle Reaktionszeiten

Social Media bedeutet Kommunikation in Echtzeit. Auf kritische Kommentare sollte innerhalb einer Stunde - auf dem Weg, auf dem die Kritik kam (Kommentar, Direct Message, etc.) - reagiert werden. Brauchen die Abklärungen für eine offizielle Antwort länger, dann sollte genau dies kommuniziert werden. Auf diese Weise weiss die Person bereits, dass sie gehört wird und ihr Anliegen intern abgeklärt wird. Die offizielle Stellungnahme muss dann jedoch innerhalb von 24 Stunden publiziert werden, alles andere ist in der Welt von Social Media zu langsam.

Krisenkommunikationskonzept

Wer entscheidet in welchem Fall was kommuniziert wird? Wen muss man alles involvieren bei den Abklärungen (PR, Marketing, Sales, Produkt Manager, Legal, Geschäftsführer)?

Damit in solchen Situationen keine wertvolle Zeit verloren geht, in welcher man sich erst durch sämtliche Abteilung telefonieren muss, bis man die richtige Ansprechperson gefunden hat, braucht es einen Krisenkommunikationsplan. Darin werden je nach Thema die Kontaktpersonen inklusive Stellvertretung definiert, diese haben dann auch die Kompetenz zu entscheiden, je nach Thema in Absprache mit einer zweiten Person.

Wichtig ist: Die Person, die die Social-Media-Kanäle betreut, hat in der Regel ein sehr gutes Gefühl für die Community. Dieses Wissen sollte unbedingt immer einbezogen werden.

Was kann man während einem Shitstorm tun


Nichts, aber auch Garnichts persönlich nehmen

Finger von den Tasten und warten bis man sich beruhigt hat. Wenn das nicht mehr möglich ist, jemand anderen antworten lassen. Und wie mit (potentiellen) Kund*innen immer: Freundlich bleiben, gemäss dem Motto: «kill them with kindness».

Keine Kommentare löschen

Es ist verlockend die Kritik der User einfach zu löschen und deren Profil wo möglich gleich noch zu blockieren. Doch Kund*innen, die erstmal aufgebracht sind, werden von einem solchen Vorgehen nur noch weiter angestachelt und finden einen neuen Weg ihren Unmut öffentlich kundzutun.

Sollten die Kommentare aber nicht auf sachlicher / berechtigter Kritik beruhen, kann man immer noch auf die Richtlinien der Community verweisen, in welchen festgehalten wird, dass man keine Formen von Hassrede/Diskriminierung akzeptiert (eine sogenannte Netiquette). Nur wenn es gar nicht mehr anders geht, sollte der Kommentar für andere Nutzer*innen unsichtbar geschaltet werden (geht nicht auf allen Social Media Plattformen). Dabei ist der Kommentar für die User*in, die ihn geschrieben hat und das Unternehmen immer noch sichtbar, alle anderen sehen den Kommentar jedoch nicht mehr.

Fehler zugeben - aber nicht scheibchenweise

Fehler passieren. Ist die Kritik berechtigt, dann muss man auch dafür gerade stehen. Ein Fehler, der jedoch allzu häufig gemacht wird, ist das man diesen nur stückchenweise zugibt, anstatt alles auf einmal zuzugeben. Hier gilt: Danke für den Hinweis, wir haben das Problem erkannt und nun wie folgt gelöst. Damit nimmt man den Wind aus den Segeln der Angreifer. Gibt man hingegen immer nur das zu, was bereits bekannt/bewiesen ist, und nicht «alles», schadet dies der Vertrauenswürdigkeit des Unternehmens mehr als der Shitstorm selbst.

Don’t feed the troll

Viele Social-Media Diskussionen gleichen einem Ping-Pong Effekt: Angriff-Verteidigung-Gegenangriff-Verteidigung und so weiter. Doch genau diese Dynamik gilt es zu vermeiden. «Don’t feed the Troll» ist die Internet-Version von «Öl ins Feuer giessen». Bei den Trolls handelt es sich um Personen, die mit ihren Kommentaren auf Social Media bewusst provozierten, indem sie falsche Behauptungen aufstellen und andere beleidigen.

In diesen Fällen wird oft geraten nur kurz auf die Netiquette zu verweisen, den Kommentar auszublenden und monitoren, ob sich die Lage wieder beruhigt (siehe weiter oben).

Funktioniert dies nicht, und der Troll (oder auch Hater) erntet für seine hetzerischen Aussagen sogar noch Applaus in Form von Likes, sollte einmal kurz, sachlich und bestimmt erklärt werden, warum diese Aussagen so nicht stehen gelassen werden können. Ansonsten läuft man Gefahr, dass Mitleser diese Falschaussagen als wahr deuten und das Schweigen des Unternehmens als Schuldeingeständnis deuten. Wichtig bleibt: Ein kurzer, klarer Kommentar und eben kein Ping-Pong-Effekt.


Was kann man nach einem Shitstorm tun


Redaktionskalender überarbeiten

Ist für diesen Monat ein weiterer Beitrag zu diesem Thema geplant? Dann sollte hier nicht noch weiter Öl ins Feuer gegossen werden. Hat man kritische Themen in der Community erstmal identifiziert, sollte der Redaktionsplan auf diese überprüft und wo nötig überarbeitet werden.

Unternehmenswerte und Standpunkte immer wieder kritisch hinterfragen

«Das einzig Konstante ist der Wandel». Dies gilt auch in Bezug auf unsere Überzeugungen. Vor 10 Jahren durfte in Zügen, Betriebskantinen oder Flugzeugen noch geraucht werden. Vor 25 Jahren war das Konkubinat im Wallis noch verboten und erst seit 30 Jahren ist es Frauen in der Schweiz erlaubt zu wählen.

Eine Überzeugung, die vor einigen Jahren noch vollkommen legitim war, und nicht hinterfragt wurde, kann plötzlich nicht mehr zeitgemäss sein. Wenn man als Unternehmen Standhaftigkeit beweisen will, dann geht das nur, wenn dieser Standpunkt auch immer wieder bewusst gewählt oder eben angepasst wird. Ist dies der Fall, sollte dieser Standpunkt wieder klar und einfach kommuniziert und gelebt werden.

Candy-Troopers pflegen

In jedem Shitstorm gibt es auch Personen, die das Unternehmen verteidigen. Oftmals sind das die Leute, die auch sonst sehr aktiv in der Community sind, indem sie Fragen von anderen Nutzer*innen beantworten. Diese «Super-Fans» sollten im monatlichen Monitoring ebenfalls berücksichtigt werden. Regelmässige öffentliche Danksagungen oder Direct Messages für ihr Engagement, ein Versand von Goodies als kleines Zeichen der Wertschätzung oder sogar deren Einbindung bei Productlancierungen (Beta-Tester*innen, Einladung zum Opening etc.) sind extrem wertvolle Massnahmen, um loyalen Kund*innen Wertschätzung entgegenzubringen. Oftmals sind es dann auch genau diese Personen, die mitten in einem Shitstorm zur Hilfe eilen und einen sogenannten Candystorm (positiven Sturm) auslösen.

Einige Firmen erzeugen diesen Effekt künstlich, indem sie mit Fake-Profilen, die von der Firma selbst oder deren Agentur aufgesetzt wurden, den Kritiker*innen versuchen entgegenzuwirken. Wie in allen anderen Lebensbereichen gilt jedoch auch hier: Ehrlichkeit währt am längsten. Man sollte die Finger unbedingt von solchen Massnahmen lassen.

Das Rampenlicht nutzen

Ein (veraltetes) Sprichwort sagt: There is no such thing as bad PR. Doch in Zeiten von Social Media kann schlechte PR Giganten in die Knie zwingen und diese Millionen kosten. Es gibt also schlechte PR, und die ist teuer.

Mit einem guten Krisenkommunikationsplan und einer offenen, bodenständigen und selbstkritischen Denkweise, kann aus einem PR-Albtraum aber eine Chance entstehen sich als Unternehmen neu zu positionieren. Im besten Fall initiiert ein Shitstorm ein Umdenken in den Betrieben, die zu nachhaltigen Veränderungen führen, die dann konsequent über alle Kommunikationskanäle und Unternehmensbereiche weitergetragen werden.


Was lernen wir daraus


Kritische Meinungen wird und soll es immer geben. Sie zwingen uns dazu unsere Muster zu überdenken und durch «bessere» (effizientere, nachhaltigere, solidarischere) zu ersetzen. Doch egal wie sehr man sich bemüht, man wird es nie allen Menschen recht machen können. Damit muss man auch als Unternehmen unaufgeregt umgehen können.

Damit aus kritischen Kommentaren keine Shitstorms werden, braucht es gut geschulte Mitarbeitende (nicht nur in den offiziellen Kommunikationspositionen), die gelernt haben zuzuhören. Indem man bedacht kommuniziert, zuhört und Verantwortung übernimmt (sollte doch mal etwas schief gehen), entsteht aus einem kritischen Kommentar kein Shitstorm, sondern eine neue Lösung.

Quellen:

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